AUGSBURG
DIE ALTE FUGGEREI(*)
Sie hat mich schon immer interessiert - die alte Fuggerei in Augsburg. Das ist die älteste Sozialsiedlung der Welt und existiert seit über 500 Jahren.
Ich fahre mit dem Zug nach Augsburg, und nehme dann die Tram zur alten Fuggerei.
JAKOB FUGGER(*) -
ein Mann mit Visionen
Er entstammte einer alten Kaufmannsfamilie Geboren im März 1459 in Augsburg, war ab 1495 bis zu seinem Tod im Dezember 1525 der bedeutendste Kaufmann und Bankier in Europa.
Grundlage des Familienvermögens war vorwiegend Baumwolle, wurde allerdings mit den Jahren von einem Handelsunternehmen zu einem europaweiten Konzern ausgebaut.
Er beeinflusste ebenso die Politik, in dem er unter anderem das Haus Habsburg unterstützte, Eheschließungen finanzierte ebenso wie Kriege.
Augsburger Stiftungen sind mit dem Namen Jakob Fuggers verbunden, wie die Fuggerkapelle in St. Anna, der erste Renaissancebau in Deutschland. Hier sind die Brüder Ulrich, Georg und Jakob Fugger bestattet.
In der Stiftungsurkunde vom 25.08.1521 hat Jakob Fugger verbindliche Bestimmungen hinterlegt, die bis heute noch gültig sind: Die Fuggerei ist für bedürftige und katholische Augsburger gedacht, die hier für eine Gegenleistung von drei Gebeten am Tag und - umgerechnet - für 88 Cent Jahreskaltmiete wohnen und Hilfe zur Selbsthilfe finden können.
Bis zu Jakob Fuggers Tod waren schon 52 Wohnungen erstellt, mittlerweile sind es 140 Wohnungen in 67 Häusern, sowie Verwaltungs- und Werkstattgebäude. Die Wohnungen entsprechen heutigen Standards mit modernen Bädern, TV-Anschluß und Internet, sowie Fernwärmeheizung.
Seit dem 17. Jahrhundert wird die Stiftung durch die Waldwirtschaft finanziert, sowie den Eintrittsgeldern der Besucher.
Ich nehme den Prospekt von der Kasse mit und informiere mich. Erfahre, warum mehrere Eingänge nebeneinander liegen, und auch, warum es unterschiedliche Klingelzüge gibt. Mir gefallen die Gärten, und der Aufbau der Siedlung.
Interessant finde ich den Bunker. Hier wird die Bombardierung Augsburgs beschrieben, und auch Zeitzeugen kommen zu Wort. Schon kurz danach wurde beschlossen, die Fuggerei wieder aufzubauen.
In verschiedenen Museen wird das Leben in der Fuggerei der letzten Jahrzehnte und ihrer Bewohner berichtet. So wird über die Familie Holzwart erzählt, die in der Fuggerei eine Bleibe gefunden hatte Sieben Jahre sparen sie ihr Geld, um sich Bürgerrechte kaufen zu können.
Auf Grund seiner schwachen Gesundheit und eines Skandals verarmte Franz Mozart, der Urgroßvater von Wolfgang Amadeus Mozart. Er hatte bei der Beerdigung eines Scharfrichtergesellen geholfen, was als unehrenhaft galt.
Interessant finde ich die Nachtpforte in der Ochsengasse. Die Fuggerei ist von einer Mauer umgeben, und die Tore sind zwischen 22 und 4.30 Uhr geschlossen. Eine Nachtwache aus der Fuggerei kümmert sich gegen ein Trinkgeld um die Pforte.
An den Häusern sind Schilder angebracht mit einem kurzen Hinweis auf die Bewohner. Ebenso gibt es einen Stolperstein für Aloisia Kempter, die auf Grund ihrer geistigen Beeinträchtigung deportiert wurde. Und ich erfahre vom einzigen Augsburger Hexenprozess, und auch über die wichtige Wasserversorgung und dem Pumpbrunnen.
Längere Zeit sitze ich in der Kapelle und denke an die vielen Menschen, die hier durch diese Stiftung eine Zukunft erhalten haben.
Und ich weiß, dass ich hier nicht zum letzten Mal gewesen bin.
(*) Infos:
- Wikipedia
- Prospekt "Die Fuggerei"